Das Betriebsverfassungsgesetz regelt, dass der Betriebsrat unter anderem darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Das Gesetz räumt ihm insoweit die Möglichkeit ein, vom Arbeitgeber zu verlangen, die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Insbesondere hat der Betriebsrat auch das Recht, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz BetrVG).
In diesem Zusammenhang hatte unlängst das LAG Hamm darüber zu entscheiden, ob der Arbeitgeber diese Listen anonymisiert zur Einsichtnahme bereitstellen darf oder ob der Betriebsrat ein Recht darauf hat, die Namen der Beschäftigten zu erfahren.
Zu entscheiden war folgender Fall: Eine Rehabilitationsklinik erstellte bis Ende des Jahres 2015 sogenannte Personenstandsmeldungen, in die der Betriebsrat Einsicht nehmen konnte. Es handelte sich dabei um Bruttolohn- und Gehaltstabellen. Anfang 2016 stellte die Arbeitgeberin diese Praxis ein. Dies monierte der Betriebsrat, woraufhin ihm Einsicht in eine anonymisierte Bruttoentgeltliste gewährt wurde. Vor Gericht machte der Betriebsrat geltend, dass der gesetzliche Anspruch auf Einsichtnahme in die Bruttoentgeltlisten auch die Angabe der Namen der Beschäftigten erfordere.
Das LAG bestätigte diese Auffassung. Insbesondere argumentierte es mit Sinn und Zweck des § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz BetrVG. Da der Betriebsrat darüber zu wachen habe, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge durchgeführt werden, sei eine namentliche Liste unabdingbar. Nur insoweit könne sich der Betriebsrat ein Urteil darüber bilden, ob ein Zustand innerbetriebliche Lohngerechtigkeit existiere oder ob dieser Zustand nur durch eine andere betriebliche Umgestaltung erreicht werden könne. Datenschutzrechtliche Belange stünden dem nicht entgegen.
Auch die Regelungen des am 6. Juli 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) stünden dem Anspruch des Betriebsrats nicht entgegen. Zwar sind nach § 12 Abs. 3 EntgTranspG Bruttoentgeltlisten ohne Namen und Vornamen der dort aufzulistenden Beschäftigten anzufertigen, das EntgTranspG solle jedoch – wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergebe – die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten des Betriebsrats nicht einschränken, sondern vielmehr erweitern. Dieses gesetzgeberische Bestreben würde in sein Gegenteil verkehrt, würde man nun die nach dem Entgelttransparenzgesetz herzustellenden Bruttoentgeltlisten heranziehen, um den betriebsverfassungsrechtlichen Einsichtsanspruch des § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz BetrVGzu begrenzen (LAG Hamm vom 19. September 2017 – 7 TaBV 43/17).
Tipp für die Praxis: | ||
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragen zum Entgelttransparenzgesetz hat das LAG Hamm die Revision zum BAG zugelassen.
In einer weiteren Entscheidung aus September 2017 hat das BAG entschieden, dass im Hinblick auf unternehmensweite Bruttoentgeltlisten ausschließlich dem Gesamtbetriebsrat und nicht dem örtlichen Betriebsrat ein Einsichtsrecht zusteht (BAG vom 26. September 2017 – 1 ABR 27/16). |
Quelle: https://www.cms-hs.net/