Unfall in der Raucherpause ist kein Arbeitsunfall

Arbeitsunfälle, also Unfälle, die ein Arbeitnehmer infolge seiner Tätigkeit erleidet, sind über die Berufsgenossenschaften versichert. Die Berufsgenossenschaften sind die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Unternehmen der deutschen Privatwirtschaft und deren Beschäftigte. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII gelten als Arbeitsunfall „zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führen.”

Zu den versicherten Tätigkeiten gehört neben der eigentlichen Arbeit auch das Zurücklegen des unmittelbaren, direkten Weges von der Wohnung zum Ort der versicherten Tätigkeit und zurück, sogenannter „Wegeunfall“, die Teilnahme am Betriebssport, wenn nicht der Wettkampf im Vordergrund steht, sowie Teilnahme an vom Unternehmen veranstalteten Betriebsfeiern und Ausflügen. Unfälle, die absichtlich herbeigeführt werden, sind keine Arbeitsunfälle. Auch Unfälle, die ausschließlich auf Trunkenheit oder private Tätigkeiten zurückgehen, gelten nicht als Arbeitsunfall.

Unlängst hat sich das Sozialgericht (SG) Berlin mit der spannenden Frage auseinandergesetzt, inwieweit eine auf dem Weg von und zur Raucherpause am Arbeitsplatz erlittene Verletzung eine unfallversicherungsrechtlich geschützte Tätigkeit darstellt. Eine Pflegehelferin in einem Seniorenheim ging zum Rauchen einer Zigarette vor die Tür. Im Heim selbst herrschte Rauchverbot. Auf dem Rückweg stieß sie in der Eingangshalle mit dem Hausmeister der Einrichtung, der einen Eimer Wasser trug, zusammen. Der Eimer fiel hin, die Pflegehelferin rutschte aus und brach sich den rechten Arm. Die Arbeitnehmerin hielt den Unfall für einen Arbeitsunfall und machte geltend, dass sie mehrfach täglich die Eingangshalle passiere. Dass sie in diesem Falle vom Rauchen gekommen sei, spiele keine Rolle. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls indes ab.

Zu Recht, wie das SG entschied. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII müsse für eine Anerkennung als Arbeitsunfall die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Denn der Weg von und zur Raucherpause sei nicht der unfallversicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit der Pflegehelferin zuzurechnen. Es sei ihre freie private Entscheidung, ob sie zum Rauchen gehe oder nicht. Ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit bestehe jedenfalls nicht. Das Rauchen sei auch nicht mit der grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Nahrungsaufnahme zu vergleichen. Essen und Trinken seien notwendig, um die Arbeitskraft des Arbeitnehmers aufrechtzuerhalten. Beim Rauchen handelt es sich hingegen um den Konsum eines Genussmittels und damit um eine Handlung aus dem persönlichen, nicht dem beruflichen Lebensbereich. Deshalb sei zwar der Weg zur Kantine versichert, nicht aber der Weg zur Raucherpause.

SG Berlin vom 23. Januar 2013 – S 68 U 577/12