Wirksamkeit einer Pauschalvergütungsabrede für Überstunden

Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 14.09.2021 – 2 Sa 26/21) zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Pauschalvergütungsabrede für Überstunden.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten seit März 2017 in Vollzeit beschäftigt. Gemäß Arbeitsvertrag erhielt der Kläger hierfür während der Probezeit ein monatliches Bruttogehalt von 1.800 Euro. Ferner wurde im Arbeitsvertrag vereinbart, dass mit der Vergütung etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu 10 Stunden pro Monat abgegolten sind.

Mit der Klage begehrte der Kläger eine Vergütung für 92 geleistete Überstunden im Kalenderjahr 2018. Der Kläger war der Ansicht, dass die Pauschalvergütungsabrede für Überstunden unwirksam sei, da sie überraschend und im Kontext mit der arbeitsvertraglichen Regelung von 40 Wochenstunden irreführend sei. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger tatsächlich von Beginn an wöchentlich mehr Arbeit geleistet habe, als die im Arbeitsvertrag genannte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, sei es Plan der Beklagten gewesen, ihm vorzuspiegeln, dass er regelmäßig 40 Stunden und nur gelegentlich Überstunden leisten solle. Tatsächlich seien die Überstunden jedoch regelmäßig angefallen, sodass die tatsächliche regelmäßige Arbeitszeit 42 oder 44 Stunden betragen habe. Die Beklagte hat die Ableistung von Überstunden dem Grunde sowie der Höhe nach bestritten, sich im Übrigen auf die Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Pauschalvergütungsabrede berufen.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Stralsund hat der Klage in Höhe von 20,46 Euro für zwei von im Juli 2018 geleisteten 12 Mehrarbeitsstunden stattgegeben. Im Übrigen wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel zur Abgeltung von Überstunden wirksam ist und dem Zahlungsanspruch des Klägers daher entgegensteht. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat diese Entscheidung bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel zur Abgeltung von 10 Überstunden pro Monat stellt nach Ansicht des LAG weder eine überraschende Klausel dar noch benachteiligt sie den Kläger unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB). Denn eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB sei nur gegeben, wenn objektiv eine „ungewöhnliche“ Klausel vorliegt, mit deren Verwendung der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klausel, nach der über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu 10 Stunden pro Monat mit der vereinbarten Bruttovergütung abgegolten ist, jedoch bereits nicht objektiv ungewöhnlich. Zudem ist die Regelung unter der Überschrift „Vergütung“ getroffen und damit auch nicht an einer ungewöhnlichen Stelle im Arbeitsvertrag vereinbart worden. Die Pauschalvergütungsabrede ist darüber hinaus auch hinreichend transparent gestaltet. Für den Kläger war klar, dass er für die vereinbarte Vergütung in Höhe von 1.800 Euro brutto ggf. bis zu 10 Überstunden pro Monat ohne zusätzliche Vergütung leisten müsse. Die Klausel ist damit klar und verständlich, die behauptete Täuschung durch die Beklagte nicht nachvollziehbar.

Soweit der Kläger zudem die Ansicht vertrat, eine Pauschalvergütungsabrede für Überstunden könne erst ab einer bestimmten Höhe der Jahresvergütung getroffen werden, führte das LAG unter Verweis auf die Vertragsfreiheit aus, dass eine Pauschalvergütungsabrede für Überstunden grundsätzlich bei jeder Vergütungshöhe getroffen werden kann, solange diese nicht nach gesetzlichen Regelungen unwirksam ist. Hierfür hatte der Kläger jedoch keine Anhaltspunkte vorgetragen.

Fazit

Eine Pauschalvergütungsabrede für 10 Überstunden pro Monat kann für eine Vollzeittätigkeit wirksam vereinbart werden – und zwar grundsätzlich unabhängig von einer bestimmten Vergütungshöhe. Bei der Gestaltung einer Pauschalvergütungsabrede für Überstunden hat der Arbeitgeber jedoch stets mit der entsprechenden Sorgfalt vorzugehen, um die Wirksamkeit einer solchen Klausel sicherzustellen; sowohl die „Überschrift“ als auch die Positionierung im Arbeitsvertrag und die Art der Formulierung müssen richtig gewählt werden. Um die Transparenz einer solchen Klausel zu gewährleisten, ist auch der Umfang der mit der Vergütung pauschal abgegoltenen Überstunden konkret zu benennen; deren maximale Zulässigkeit wird zwar auch heute noch im Detail kontrovers diskutiert, als „Faustformel“ sind jedoch rund 20 Prozent der Normalarbeitszeit von der Rechtsprechung als zulässig anerkannt. Vorsicht ist im Übrigen auch bezüglich der Einhaltung des Mindestlohns geboten: Wird durch eine regelmäßige Ableistung von Überstunden ein Bruttostundenlohn erzielt, der unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, bewirkt dies – unabhängig von der Transparenz einer Klausel – die Unwirksamkeit der Pauschalvergütungsabrede.

Quelle: Taylor Wessing