Keine Verjährung von Urlaubsansprüchen ohne Hinweis des Arbeitgebers

Der Jahresurlaub von Arbeitnehmern verjährt nur, wenn Arbeitgeber ihre Hinweispflichten zum Urlaubsanspruch erfüllt haben und auf den Urlaubsanspruch sowie einen drohenden Verfall hingewiesen haben. Im vorliegenden Fall nahm die Klägerin den beklagten Arbeitgeber auf Ur-laubsabgeltung für 101 Urlaubstagen aus den Jahren ab 2011 in Anspruch. Der beklagte Arbeit-geber habe die Klägerin weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch auf einen drohen-den Verfall hingewiesen. Nach Auffassung des Arbeitgebers sei der Urlaubsanspruch allerdings aufgrund der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB verjährt. Die Erfurter Richter stellten zwar klar, dass der Anspruch von Beschäftigten auf den gesetzlichen Mindesturlaub der Verjährung unterliege. Allerdings beginne die Verjährungsfrist von drei Jahren erst mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber seine Hinweisobliegenheiten erfüllt habe. Mit seiner Entscheidung setzt das BAG die Vorgaben des EuGH um, wonach der Zweck der Verjährungsvorschriften zur Gewährleistung von Rechtssicherheit im vorliegenden Fall hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU zurücktritt, die Gesundheit von Arbeitnehmern durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Urlaub zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass Arbeitgeber sich auf ihr eigenes Versäumnis berufen, ihre Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auch tatsächlich auszuüben.
Arbeitgeber der Speditions- und Logistikbranche sind daher angehalten, ihre Beschäftigten je-des Jahr rechtzeitig und besonders gründlich auf bestehende Urlaubsansprüche, die Möglichkeiten den Urlaub zu nehmen sowie einen drohenden Verfall hinzuweisen und diese Hinweise auch langfristig aufzubewahren.

BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20

Quelle: DSLV